Patteriol – über einen der längsten Grate der Ostalpen

 

Der Patteriol ist mit 3056 Meter einer der höheren Berge bei Sankt Anton. Er wird auch als das Matterhorn des Verwall bezeichnet und der NO-Grat ist ein exponierter Felsgrat, der mit 26 Kletter-Seillängen erstiegen wird. Kurz gesagt - ein außergewöhnlicher Tag in der Sonne an diesem Berg zusammen mit dem Insider und Kletter-Ass – Heinz Zak.  (Fotos: Heinz Zak; Text/Fotos: Klaus Berghold)

 

Dieses Jahr 2o2o ist für uns Klettertrainer ein schwieriges Jahr. Seit März mussten wir im Sektionsprogramm sämtliche Kurse absagen, da beim Klettern der erforderliche Abstand nicht durchgehend eingehalten werden kann. Erst seit Juli gelingt es Schritt für Schritt wieder Kurse durchzuführen. Natürlich konnten wir dieses Jahr auch keinen Kletterkurs am Halleranger mit Heinz Zak durchführen. Daher habe ich mich sehr darüber gefreut, dass Heinz vorschlägt, dass ich ihn bei einer Abenteuertour in Tirol begleiten kann. Die Nordost-Kante liegt mit 4+ zwar nicht in meinem Kletter-Grenzbereich, jedoch lassen 1120 Klettermeter bei einer reinen Kletterzeit von bis zu 8 Stunden gemäß Kletterführer schon aufmerken. Im Internet finden sich Berichte über das abschüssige Steilgras vor dem Einstieg und den langen, absturzgefährdeten Abstieg. Heinz und ich verabreden uns auf der Konstanzer Hütte, die ich bereits am Vorabend erreiche. Besonders freue ich mich noch über ein zufälliges Treffen mit unserer Sektion Schwaben-Alpencross-Gruppe, 13 Bergsteiger, die angeführt von Laura und Wolfgang hier schon die Hälfte der Tour absolviert haben.

 

 

 

Noch am Abend vor der Tour steige ich allein die eineinhalb Stunden in Richtung Einstieg hoch. Wer die Tour begehen will tut gut daran, sich den Beginn anzusehen, da der Einstieg in das Steilgras nicht leicht zu finden ist. Es gibt zwar eine steile Pfadspur über die ersten 200 Höhenmeter, wobei man hier bei Nässe in Bedrängnis kommen wird. Ich mache mir auch noch Gedanken, wie das Zusammenspiel mit Heinz Zak laufen wird, der diese Tour ja schon Solo geklettert hat und dafür gerade einmal zwei Stunden gebraucht hat. Wir hatten jedenfalls abgesprochen, dass wir diesmal alles sichern werden. Wenn dies wegen der Länge auch nur zu einem geringen Teil in klassischen Seillängen verlaufen wird. Den größten Teil begehen wir am laufenden Seil, wobei Zwischensicherungen eingehängt werden und statt der Standplatzsicherung eine Rücklaufsperre eingehängt wird. Dies verhindert einen Seilschaftssturz, man muss die Schwierigkeiten dabei jedoch sicher klettern können.

 

 

Als wir am Morgen starten, ist der obere Teil des NO-Grates noch im Nebel. Wir kommen gut voran und das Steilgras ist vor allem eine Konditionssache. Wir sehen oben in der Felswand bereits eine Seilschaft, die klassisch von Stand zu Stand sichert. Eine weitere Seilschaft kommt zum Einstieg, als wir gerade losklettern. Das junge Paar klettert dann plötzlich knapp hinter einander neben uns seilfrei in den ersten Seillängen. Heinz gefällt diese unnötige Stress- und Risikosituation gar nicht und bittet die beiden, einfach voraus zu klettern. Er wartet, bis die beiden über uns und angeseilt sind.  Nach etwa vier Seillängen bietet mir Heinz an, dass ich die Kletterführung übernehme. Etwa nach einer Stunde komme ich in der ersten Scharte am Grat an, wo ich auf beide anderen Seilschaften treffe. Wir stimmen uns mit den anderen ab und können nun wieder an dem jungen Paar und der anderen Seilschaft vorbei klettern, was für alle einen Vorteil bringt, da Heinz, der nun wieder vorne ist, die Tour bestens kennt und es dadurch kaum Zeitverlust gibt. Als ich wieder vorsteige, habe ich damit zu kämpfen, dass recht wenig Haken vorhanden sind. Da im Felsen aus Gneis kaum Begehungsspuren zu finden sind und stellenweise keine Haken sichtbar sind, muss man sich vor Allem an steileren Gratstellen gut überlegen, ob es nicht noch eine leichtere Möglichkeit in der Gratflanke gibt. Meist geht es dann aber doch über die steile Gratschneide hinauf und man kann dann irgendwo eine Bandschlinge zur Sicherung über einen Felskopf legen. So kommen wir in den oberen Teil des Grates, wo die Schlüsselseillängen auf uns warten. Hier beginnen wir dann auch mit der klassischen Seilschaftssicherung und das ist aus meiner Sicht auch notwendig, da die Seillängen ausgesetzt sind. Man sieht hier über 1000 Höhenmeter frei hinunter und zusätzlich geht es hier im Quergang hinüber in die Steilwand.

 

 

Am Wandbuch gönnen wir uns eine erste Pause. Wir sehen den beiden anderen Seilschaften weiter unten bei ihrer Kletterei zu. Mittlerweile hat sich die Sonne durchgesetzt und man sieht den ganzen Grat hinunter. Nach der Pause steigt dann Heinz in seiner eleganten Klettertechnik durch die abdrängende Wand nach links vor. Man darf sich bei der Leichtigkeit seiner Bewegung am Überhang nicht täuschen lassen. Die Schwerkraft zieht im Quergang ganz ordentlich nach unten. In den weiteren steilen Seillängen sind von unten keine Haken zu sehen. Man muss die Tour gut lesen können, um in der Wand ohne erkennbare Haken den möglichen Weg zu finden. Wir steigen oben aus der Steilwand auf die Gratkante aus. Ich bin erleichtert, als ich nun das Gipfelkreuz in greifbarer Nähe erkenne. Schon nach kurzer Zeit sind wir auf dem Gipfel und haben ab dem Einstieg viereinhalb Stunden gebraucht. Kein Wunder, dass die Tour auch angestrengt hat. Hier am Kreuz genießen wir nun diesen Traumausblick bei gleißender Sonne.

 

 

 

 

Der Weg zurück ins Tal ist auch noch eine lange Kletterei mit abschüssigen Stellen im zweiten Schwierigkeitsgrad, wobei man noch mindestens 2 Stunden konzentriert unterwegs sein muss. Auf der hervorragend bewirteten Konstanzer Hütte bleibt dann noch genug Zeit, um vor der Talfahrt mit dem Bike diese schöne Tour zu begießen. 

 

Auf bergsteigen.at gibt es eine Detailbeschreibung zum Patteriol NO-Grat